Hot Gas Bulge Test III
Zur Gewichtsreduktion werden zunehmend pressgehärtete Bauteile eingesetzt, welche jedoch eine aufwändige Prozessauslegung erfordern. Für die notwendige Materialcharakterisierung von glühenden Blechwerkstoffen sind gegenwärtig keine Prüfstände zur multiaxialen Belastung von Probenkörpern entwickelt worden und ein Messen unter diesen Bedingungen ist bisher nicht möglich, so dass auf extrapolierte Materialdaten zurückgegriffen werden muss. Ziel des Projektes ist die Entwicklung eines digital-pneumatischen Hochdrucksystems, welches eine geregelte Werkstoffumformung zulässt und somit die Vermessung des visko-elastischen Werkstoffverhaltens ermöglicht.
Nutzen | Vorgehen |
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Entwicklung von dynamischen, proportionalen Hochdruck-Gasventilen |
Entwicklung und Aufbau des Prüfstandes zur Blechumformung |
Verbesserte Modellierung und Regelung von Gasventilen und nichtlin. Systemen |
Entwicklung und Erprobung der Ventiltechnik |
Optimierung digital-pneumatischer Hochdrucksysteme aus Serienkomponenten |
Modellierung des Gesamtsystems |
Entwicklung beobachterbasierter Softsensoren für Ventile |
Entwicklung der Prozessregelung |
Entwicklung eines Prüfstandes zur Umformung glühender Metallproben
Das Presshärten ermöglicht der Automobilindustrie die Herstellung von hochfesten Bauteilen mit vergleichsweise komplexen Geometrien. Vor allem crash-relevante Bauteile werden häufig pressgehärtet. Durch Umformsimulationen können Presshärteprozesse schnell und kostengünstig ausgelegt werden, wenn genaue Materialdaten vorliegen. Daher wird im Rahmen des Projekts ein Bulgetest entwickelt, welcher eine Materialprüfung unter den Bedingungen des Presshärtens ermöglicht. Beim Bulgetest wird eine Blechprobe zwischen zwei runden Matrizen eingespannt und eine Seite anschließend mit Druck beaufschlagt. Unter der Last bildet sich eine Beule, der in Abbildung 1 zu sehende Bulge, welcher rotationssymmetrisch ist. Aufgrund der geometrischen Verhältnisse kann mittels Membrangleichung die vorliegende Fließspannung an der Kuppe der Beule berechnet werden. Der Umformprozess muss möglichst kontaktlos erfolgen, um eine Verfälschung der Ergebnisse durch Reibung im Kontakt zu vermeiden.
Der in Abbildung 2 zu sehende Prüfstand erlaubt es, Bleche bei Temperaturen von 1000 °C berührungslos umzuformen. Als Druckmedium wird Stickstoff eingesetzt. Der Einsatz klassischer Medien, wie Wasser oder Öl, ist aufrgund der hohen Temperaturen ausgeschlossen. Die Blechtemperatur kann vor und während des Umformprozesses variiert und geregelt werden. In das Werkzeug ist eine Abkühlvorrichtung integriert, welche Druckluft auf das Blech leitet. Eine Widerstandsheizung ermöglicht das Aufheizen des Blechs.
Entwicklung eines digital-pneumatischen Antriebssystems
Die sogenannte Digitalhydraulik, welche anstrebt, in der Elektrotechnik bewährte Prinzipien in die Fluidtechnik zu übertragen, hat in den letzten beiden Dekaden zunehmend Aufmerksamkeit erhalten. So versucht diese Disziplin primär die prinzipbedingten Verluste der Widerstandssteuerung zu reduzieren, indem sie beispielsweise kontinuierliche durch binär schaltende Stellglieder ersetzt. Hiermit wird zusätzlich das in der Industrie weit verbreitete Konzept von Komponentenbaureihen aufgebrochen, da quasi jedes beliebig große Stellglied approximiert werden kann, sofern die Stellglieder ein ausreichend kleines Auflösungsvermögen besitzen. Ein häufig vernachlässigter Aspekt ist, dass es zusätzlich möglich wird, Stellglieder für Anwendungen bereitzustellen, welche gegenwärtig am Markt nicht verfügbar sind. Für fluidtechnische Anwendungen, bei denen die Verwendung von Öl als Medium ausgeschlossen ist, stehen beispielsweise nur sehr begrenzte Komponenten zur Verfügung. Insbesondere proportionale Stellglieder mit hoher Bandbreite sind kaum oder gar nicht verfügbar. Dieser Mangel lässt sich prinzipiell durch die Anwendung der Prinzipien der Digitalhydraulik umgehen, erfordert jedoch ein Abweichen von den in der Fluidtechnik weit bekannten Regelungskonzepten. Das pneumatische System des Bulgetests benötigt Systemdrücke von bis zu 300 bar. Da ausreichend schnelle Proportionalventile am Markt nicht verfügbar sind, wurde eine Kaskade aus Schaltventilen mit binär gestaffelten Leitwerten entwickelt, welche mittels Pulse Code Modulation Verfahren angesteuert wird.
Entwicklung eines hochdynamischen Servo-Gas-Ventils
Neben dem zuvor beschriebenen digital-pneumatischen Ansatz wird parallel ein hochdynamisches Gasventil zur Druckregelung entwickelt. Dabei werden unterschiedliche Ansätze verfolgt. Zum einen wird ein schnelles Schaltventil für einen quasi proportionalen Betrieb umgerüstet. Dabei wird der Ventilanker gezielt mittels elektrischer Ansteuerung, Positionsbeobachter und Stromregler verfahren, um den Massenstrom in gewünschter Weise zu beeinflussen. Zum anderen wird ein direktbetätigtes Proportionalventil auf Basis eines kommerziell erhältlichen Ventilmagneten sowie die nötige Ansteuerung und Regelung entwickelt. Den Konzepten ist gemein, dass sie mit geringem Aufwand in industrielle Fertigung und Anwendung überführt werden können.
Das Pneumatiksystem ermöglicht es, die Geschwindigkeit des Umformprozesses einzuregeln, bis der Prozess die kritische Dehnung erreicht und instabil wird. Das System ist nicht auf die Anwendung für den Bulge Test beschränkt und lässt sich als Ansteuerungssystem mit aufgelöster Steuerkante auch auf klassische fluidtechnische Anwendungen wie das Heben eines Zylinders anwenden.
Danksagung
Das Kooperationsprojekt wurde über die AiF im Rahmen des Programms Zentrales Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gefördert.
Förderkennzeichen: ZF4199607LL9
Projekt-/Forschungsträger: ZIM
Projektpartner: IBF, DIRKRA