Fluidtechnik 4.0 - Das Ventil als Softsensor
Aktuelle Bestrebungen, mehr Funktionalitäten in hydraulische Komponenten zu integrieren, erfordern meist eine umfangreiche Einsicht in den Prozess bzw. die Maschine. Diese wird meist durch zusätzliche Sensoren realisiert. Der zusätzliche Einsatz von Sensoren steht allerdings einem hohen globalen Kostendruck sowie dem Bestreben zur Verringerung des Integrationsaufwandes gegenüber. Genau diese Diskrepanz wird von dem hier vorgestellten Projekt durch kostengünstige, softwarebasierte Sensoren adressiert. Ziel des Projektes ist die Entwicklung einer Methodik zur Volumenstromschätzung an direktbetätigten Ventilen mit Topfmagneten für Konstantdrucksysteme. Durch detaillierte Modellierung des Ventils können inhärente Störeinflüsse berücksichtigt und so von den elektrischen Größen des Aktors sowie der Ankerposition auf den Volumenstrom durch das Ventil geschlossen werden.
Nutzen
- Kostengünstiger Sensor einer zentralen hydraulischen Systemgröße
- Einfache Integration an bestehender Komponente
- Einfache Integration von Volumenstromsensoren in Maschinen und Anlagen
- Günstiger Sensor eröffnet neue Möglichkeiten im Bereich Energie und Ressourcenmanagement
Vorgehen
- Modellierung und Entwurf des Softsensors
- Adaption von Prüfständen und Messungen
- Optimierung und Test des Softsensors
- Validierung mit Beispielanwendungen
Aktuell gibt es zahlreiche Bestrebungen, mehr Funktionalitäten in hydraulische Antriebskomponenten zu integrieren und so dem Angebot von immer leistungsfähigeren elektrischen Antriebslösungen zu begegnen. Gleichzeitig wandeln sich Komponenten von losgelösten Funktionselementen zu vernetzten Modulen in höheren Ordnungsprozessen, wie I4.0 oder dem IoT. Im Zuge dieser Prozesse gewinnen beispielsweise Power- und Condition-Monitoring, Smart-Systems und die Schaffung von Redundanzen immer mehr an Bedeutung, erfordern jedoch eine umfangreiche Einsicht in den Prozess bzw. die Maschine. Dies wird meist durch Messdaten unter Nutzung zusätzlicher Sensoren realisiert.
Dieser Entwicklung stehen allerdings der hohe globale Wettbewerbs- bzw. Kostendruck sowie die steigende Systemkomplexität und der Integrationsaufwand gegenüber, sodass erhöhte Funktionalität und damit steigende Kosten sorgfältig abgewogen werden müssen.
Das hier vorgestellte Messkonzept eines Softvolumenstromsensors adressiert genau diese Diskrepanz durch kostengünstige softwarebasierte Sensoren, die keinen zusätzlichen Integrationsaufwand benötigen.
Als Grundlage dieses neuen Verfahrens zur Messung des Volumenstroms dient hier die Abhängigkeit zwischen Strömungskraft und Volumenstrom. Der Ventilmagnet dient dabei als Kraftsensor zur Erfassung der Strömungskraft.
Die Mehrheit fluidtechnischer Ventile wird mittels Topfmagneten aktuiert, welche bei Anlegen eines Stromes eine Magnetkraft erzeugen und so den Schieber bewegen bzw. die Steuerkanten öffnen/schließen. Das dann durch das Ventil fließende Fluid erzeugt wiederum eine auf den Schieber wirkende Strömungskraft, welche insbesondere von der Schieberposition und dem Volumenstrom abhängig ist. Für die meisten industriell relevanten Ventile ist dieser Zusammenhang eindeutig, so dass bei bekannter Schieberposition und Strömungskraft auf den Volumenstrom geschlossen werden kann.
Die in Schließrichtung wirkende Strömungskraft wirkt wiederum dem Elektromagnet entgegen, welcher den Schieber auf einer vorgegebenen Position hält. Dabei stellt sich ein Kräftegleichgewicht aus Magnet-, Strömungs-, Reibungs- und ggf. einer Federkraft ein. Bei bekannter Reib- und Federkraft kann so von der Magnetkraft auf die Strömungskraft geschlossen werden. Den letzten Schritt der Messkette bildet die Schätzung der Magnetkraft aus den Zustandsgrößen des Magneten (Strom, Spannung sowie Position).
Je nach Ventilkonfiguration sind die zur Bestimmung des Volumenstromes notwendigen Größen (Strom, Spannung, Schieberposition) bereits in der Steuerungselektronik vorhanden. Somit lässt sich an dieser Stelle durch die Erweiterung der Steuersoftware kostengünstig eine zusätzliche Funktionalität generieren.
Ein gegenwärtig bereits häufig genutzter Ansatz zur Volumenstrombestimmung in Ventilen ist die Differenzdruckmessung. Dabei wird vor und hinter dem Ventil der Druck gemessen. Bei bekannter Ventilkennlinie und Schieberposition kann so der Volumenstrom durch das Ventil bestimmt werden. Nachteilig bei diesem Ansatz ist die zusätzliche Implementierung zweier Drucksensoren, welche zu einer erhöhten Systemkomplexität und zusätzlichen Kosten führt. Die Abgrenzung zu klassischen Volumenstromsensoren liegt in einer signifikanten Reduktion des nötigen Bauraumes, der Integration sowie vor allem den resultierenden Kosten.
Mit dem vorgeschlagenen neuen Verfahren kann dem Anwender somit ein preisgünstiger, verschleißfreier und vor allem einfach zu integrierender Sensor einer entscheidenden Messgröße zur Verfügung gestellt werden, um neue I4.0- oder Automatisierungskonzepte kosteneffizient umsetzen zu können. Herstellerseitig können nach einmaliger Implementierung die softwarebedingten Skaleneffekte sowie der durch Softwarelösungen mögliche Wissensschutz voll ausgeschöpft werden.
In der vorgeschlagenen Variante strebt das Messkonzept nicht an, die Leistungsfähigkeit eines klassischen, hochpreisigen Volumenstromsensors vollständig zu substituieren. Vielmehr soll dieses Messkonzept mit einem für viele Anwendungen ausreichend kleinen Messfehler eine kostengünstige Möglichkeit schaffen, bisher für den Anwender unzugängliche Prozessinformationen auf einfache Weise direkt aus dem Ventil zu gewinnen.
Danksagung
Das Projekt wird über die AiF vom Forschungskuratorium Maschinenbau e.V. gefördert.