Fast EHD SiML - EHD Baustein für Systemsimulation
Ziel des Forschungsprojekts Fast EHD ist die Erarbeitung einer Methode, um verteilparametrische Simulationsmodelle in Systemsimulationen zu integrieren. Dabei soll die Integration präzise, schnell und einfach eine elastohydrodynamische (EHD)-Simulation für Dichtkontakte, welche in einem vorangegangenen Projekt entwickelt wurde, in eine Systemsimulation integrieren. Dabei sollen neuartige Neuronale Netze (NN) für eine robuste und genaue Abbildung der vorhandenen EHD implementiert werden.
Ziele und Vorgehen
Nutzen | Vorgehen |
---|---|
Integration von verteilparametrischen Modellen in Systemsimulationen | Beschleunigung der zugrunde liegenden Druckverteilungsgleichung |
Präzise und rechenzeiteffiziente Berechnung von Dichtungssimulationen | Beschleunigung Berechnung der Deformation |
Möglicher Einsatz in Systemsimulationen | Zusammenführen beider Lösungen |
Optimierung des simulativen Auslegungsprozesses | Implementierung des Fast EHD-SiML Bausteins |
Kontakt
Motivation
Zurzeit findet eine zunehmende Verlagerung des Auslegungsprozesses von rein experimentellen Ansätzen zu stärkerer Nutzung von Simulationssoftware statt. Dieser Wandel bietet das Potenzial, Zeit und Kosten zu sparen, da aufwendige und teure Versuche erst zu einem späteren Zeitpunkt im Produktentwicklungszyklus integriert werden müssen. Der Erfolg einer stärker simulationsgestützten Auslegung hängt jedoch maßgeblich von der Präzision der Simulationsmodelle ab, da Zuverlässigkeit und Genauigkeit der Auslegungsergebnisse ohne hinreichende detaillierte Modellierung leiden. Obwohl bereits viele Ansätze zur Beschreibung von Komponenten und Einzelkontakten existieren, können diese komplexen Simulationsansätze oft nicht in bestehende Simulationsinfrastrukturen integriert wer-den. Gründe dafür sind die hohe Komplexität in der Modellerstellung, nötiges Expertenwissen sowie hohe Rechenzeiten. In der Fluidtechnik tritt diese Problematik beispielsweise in Dichtkontakten auf. Da Dichtungsreibung hochgradig nichtlinear ist, sind zur genauen Berechnung komplexe elastohydrodynamische (EHD)-Berechnungen nötig. Die Rechenzeit zur Berechnung eines einzelnen Dichtkontakts übersteigt oft jedoch bereits die für eine Systemsimulation zulässigen Grenzen. Somit werden die Dichtkontakte zurzeit für gewöhnlich einzeln betrachtet. Viele fluidtechnische Komponenten, wie Hydraulikzylinder oder Pneumatikventile bestehen jedoch aus mehreren Dichtkontakten. Diese interagieren während des Betriebs durch den sich einstellenden Druck oder die Kinematik miteinander. Bei der bislang vorherrschenden Betrachtung einzelner Dichtstellen können diese Wechselwirkungen nur unzureichend berücksichtigt werden. Die Trennung von System- und Kontaktsimulationen sowie die isolierte Betrachtung einzelner Details verhindert derzeit, dass vorhandene Potenziale bei der Modellierung und Auslegung fluidtechnischer Komponenten und Systeme genutzt werden können. Eine Kombination von Einzelkontaktsimulation und Systemmodellierung würde bestehende Ansätze zur Systemsimulation verbessern. Dazu ist ein Verfahren notwendig, das verteilparametrische Simulationen beschleunigt und mit Schnittstellen zur Anbindung in Systemsimulationen versieht. Der Nutzen besteht in einer breiteren Anwendung komplexer Simulationsverfahren, was den Auslegungsprozess beschleunigt und die Produktqualität erhöht.
Projektziel
Ziel des Forschungsprojekts ist die Erarbeitung einer Methode, um verteilparametrische Simulationsmodelle in Systemsimulationen zu integrieren. Dabei soll die Integration präzise, schnell und einfach eine EHD-Simulation für Dichtkontakte, welche in einem vorangegangenen Projekt entwickelt wurde, in eine Systemsimulation integrieren.
Das EHD-Simulationsmodell ifas-DDS
Zur Kombination der verschiedenen im Dichtspalt wirksamen Effekte wurde am ifas die dynamische Dichtungssimulation ifas-DDS auf Basis der kommerziellen Finite-Elemente-Software Abaqus entwickelt. In diesem EHD Simulationsmodell sind die Festkörperkontaktmechanik mithilfe des Kontaktmodells nach Persson sowie der hydrodynamische Druckaufbau mithilfe der Reynoldsgleichung berücksichtigt, siehe Abbildung 1 .
Im Gegensatz zu vielen bisher verbreiteten Ansätzen zur Berechnung von Dichtungsreibung basiert die ifas-DDS auf Material-, Werkstoff- und Oberflächendaten und verzichtet somit auf die experimentelle Bestimmung von Reibkraftkennwerten. Zuletzt wurde das Modell in einem eigenfinanzierten Forschungsvorhaben des Forschungsfonds Fluidtechnik (FKM-Nr. 7049610) zur Berechnung der Dichtungsreibung in pneumatischen Dichtkontakten eingesetzt, siehe Abbildung 2. Die Berechnung eines einzelnen Schaltvorgangs einer einzelnen Dichtstelle dauert abhängig von der Parametrierung auf einem modernen Desktop-PC etwa eine Stunde.
Beschleunigung der Dichtungssimulation
Im Rahmen des Projekts soll ein Fast-EHD Framework von der ifas-DDS entwickelt werden. Das Framework ist sowohl daten- als auch physikalisch basiert, was eine spätere Übertragung der Methode auf andere EHD-Kontakte ermöglicht. Es sollen neuartige Neuronale Netze (NN) für eine robuste und genaue Abbildung der vorhandenen EHD implementiert werden. Eine Schwäche von klassischen NN ist die für das Training benötigte Datenmenge. Damit ein sinnvoller Zusammenhang zwischen Eingangs- und Ausgangsdaten gefunden werden kann, benötigt das Netz eine große Menge unterschiedlicher Daten. Abhängig vom untersuchten Prozess kann dabei die Datengewinnung besonders schwierig ausfallen. Eine unzureichende Datenmenge führt in der Regel zu falschen und nicht nutzbaren Ergebnissen des Netzes. Weitere Schwächen von NNs sind die lange Trainingszeit und die fehlende Robustheit im Vergleich zu etablierten numerischen Methoden wie der EHD. Diese Schwächen haben die Entwicklung einer neuen Art von neuronalen Netzen vorangetrieben: Das „Physics-informed neural network“ (PINN). Dabei wird das physikalische Wissen in Form systembeschreibender Differenzialgleichungen oder empirisch nachgewiesener Regeln in das PINN eingebunden. Im Vergleich zu konventionellen neuronalen Netzen kann das PINN durch den Zusatz an Informationen den Raum an möglichen Lösungen stark einschränken, da nicht nur das datenbasierte Verhalten, sondern auch die physikalischen Zusammenhänge der Systemparameter relevant sind. Dadurch ergibt sich eine stark verkürzte Trainingszeit und ein deutlich robusteres Verhalten des PINNs. Abbildung 3 zeigt einen schematischen Vergleich von NNs, PINNS und EHD anhand von Trainingszeit, Rechenzeit und Robustheit. Während die EHD-Simulation kein Training benötigt und eine hohe Robustheit besitzt, ist sie aufgrund Ihrer hohen Rechenzeit ungeeignet, um in konventionelle Systemmodelle integriert zu werden. Das neuronale Netz liefert zwar die gewünschte kurze Rechenzeit, benötigt jedoch einen hohen Zeitaufwand zum Training und liefert nur eine geringe Robustheit gegenüber den Eingangsdaten. Das bedeutet, dass das Netz bei Wahl ungünstiger Trainingsdaten qualitativ falsche Lösungen liefern kann. Das PINN kombiniert die hohe Rechengeschwindigkeit datenbasierter Ansätze mit der Robustheit des modellbasierten Ansatzes. Im Gegensatz zur EHD ist zwar immer noch ein Training erforderlich, dies kann jedoch aufgrund der enthaltenen physikalischen Zusammenhänge deutlich kürzer durchgeführt werden.
Danksagung
Das Projekt wird durch einen industriedominierten Arbeitskreis des Forschungsfonds des Fachverbandes Fluidtechnik im VDMA begleitet und unterstützt.